Kryptowährung

FG Baden-Württemberg urteilt zur Besteuerung von Kryptowährungen

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat sich erstmals in einem Hauptsacheverfahren mit der steuerrechtlichen Einordnung von Kryptowerten beschäftigt (5 K 1996/19). In seinem Urteil stellt das Gericht fest: Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen sind nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG steuerpflichtig. Ob das so richtig ist, wird sich zeigen: Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Hintergrund

Wer nach einer verlässlichen Richtschnur zur Besteuerung von Bitcoins & Co sucht, wird bislang kaum fündig. Das Bundesfinanzministerium hat immerhin im Sommer 2021 einen ersten Entwurf eines BMF-Schreibens zu Einzelfragen zu der ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von Token vorgelegt. Der Entwurf behandelt sowohl die ertragsteuerliche Behandlung von Einkünften aus Kryptowährungen, die im Betriebsvermögen gehalten werden, als auch deren Besteuerung im Privatvermögen. Eine abschließende Verlautbarung der Finanzverwaltung liegt bislang nicht vor. Auch der Bundesfinanzhof hat zur Frage der Besteuerung von Kryptowährungen bislang nicht entschieden.

Entscheidung des FG Baden-Württemberg

Dass das FG Baden-Württemberg Gewinne aus der Veräußerung als steuerpflichtig einstuft, hat praktisch mehrere Konsequenzen. Bei weniger als einem Jahr Haltezeit besteht die Gefahr, dass der Gewinn (sofern höher als 600 Euro) aus der Veräußerung steuerpflichtig ist. Denn Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften können der Steuerpflicht unterliegen, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.

Ob das so richtig ist, wird sich zeigen, da es bereits differenziertere Entscheidungen des FG Nürnberg (3 V 1239/19) und des FG Berlin (13 V 13100/19) hierzu gab. Der Bundesfinanzhof wird in der Sache abschließend entscheiden, da das FG Baden-Württemberg die Revision zugelassen hat (Rev. eingelegt, Az. BFH IX R 27/21).

Nach Auffassung des FG Baden-Württemberg handelt es sich bei der Veräußerung von Kryptowerten um private Veräußerungsgeschäfte im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG. Kryptowährungen seien ein sonstiges Wirtschaftsgut. Sie erfüllten damit die Voraussetzungen eines privaten Veräußerungsgeschäfts (a.A Figatowski in PStR 2021, 67ff.).

Technische Details seien für die steuerliche Beurteilung nicht entscheidend. Kryptowerte seien vielmehr steuerpflichtige „andere Wirtschaftsgüter“ im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG. Mit dem Erwerb von Kryptowerten habe der Steuerpflichtige einen vermögenswerten Vorteil erlangt, der ihm verbindlich zugerechnet werden könne. Mit diesem Kryptowert habe er auch die Chance auf eine Wertsteigerung und die Möglichkeit des Einsatzes als Zahlungsmittel. Insbesondere der sich z.B. an den Kryptobörsen entwickelnde Markt zeige, dass Krypotwährungen einen durch Angebot und Nachfrage entwickelten Marktwert hätten.

Folgen für die Praxis

Steuerpflichtige, die Einkünfte aus der Veräußerung von Kryptowerten wie z.B. Bitcoins, Ether, Ripple oder Polkadot erzielt haben, sollten das weitere Verfahren nicht nur aus steuerlicher Sicht im Blick behalten und ggf. Bescheide durch einen Einspruch offen halten.

Auch aus steuerstrafrechtlicher Sicht ist die Entscheidung des FG Baden-Württemberg für Steuerpflichtige beachtlich, die Kryptowährungen im Privatvermögen halten. Sofern Steuerpflichtige bislang noch keine Steuererklärungen abgegeben haben, weil sie z.B. davon ausgingen, dass der Gewinn aus der Veräußerung von Bitcoins generell steuerfrei ist, sollten sie sich mit dem Urteil des FG Baden-Württemberg damit anfreunden, dass diese Ansicht ggf. vor dem Bundesfinanzhof nicht halten könnte. Es wird zu empfehlen sein, sich in diesem Fall mit einer Berichtigungserklärung (§ 153 AO) bzw. der strafbefreienden Selbstanzeige (§ 371 AO) zu beschäftigen, da die entgegenstehende Rechtsprechung nun vorliegt.

Hintergrund ist, dass Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO auch derjenige Steuerpflichtige begeht, der unvollständige Angaben macht. Der Bundesgerichtshof hatte zu unvollständigen Angaben entschieden, dass gegenüber der Finanzverwaltung zumindest eine Offenbarungspflicht für diejenigen Sachverhaltselemente besteht, deren rechtliche Relevanz objektiv zweifelhaft ist. Rechtlich relevant sind Sachverhalte, wenn die von dem Steuerpflichtigen vertretene Auffassung über die Auslegung von Rechtsbegriffen oder die Subsumtion bestimmter Tatsachen von der Rechtsprechung, Richtlinien der Finanzverwaltung oder der regelmäßigen Veranlagungspraxis abweicht. In einem solchen Fall muss die zur abweichenden Rechtsansicht führende Tatsachengrundlage mitgeteilt werden.

Mit der Entscheidung des FG Baden-Württemberg liegt nun eine solche Hauptsacheentscheidung vor, die eine Offenbarungspflicht des Steuerpflichtigen auslösen kann, wenn er von dem Judikat abweichen möchte. Im Ergebnis heißt das: Der Steuerpflichtige muss steuererklärend die Sachverhalte mitteilen und seine Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen ggf. nacherklären. Kann er z.B. aus technischen Gründen den Dokumentationspflichten zu Anschaffungszeitpunkt und -kosten nicht (mehr) nachkommen, ist zu bedenken, dass ihn die Beweislast (z.B. über die Haltedauer von unter einem Jahr) trifft. Diese kann ihn im Falle der Nichtbeweisbarkeit in die Steuerpflicht treiben und die Finanzverwaltung zu steuerstrafrechtlichen Konsequenzen veranlassen.

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John Paul Fürus ist Rechtsanwalt und Steuerberater, zudem Fachanwalt für Strafrecht und für Steuerrecht bei PARK Wirtschaftsstrafrecht in Hamburg. Bis März 2024 war er als Senior Associate bei Wessing & Partner tätig und als solcher spezialisiert auf die Verteidigung von Einzelpersonen und Unternehmen mit wirtschaftsstrafrechtlichen Schwerpunkten im Steuer- und Insolvenzstrafrecht.