Lootboxen: strafrechtlich relevant?

Das Geschäftsmodell der Gaming-Branche ist im Umbruch. Während der Verkauf von PC- und Konsolenspielen seit einigen Jahren stagniert, ist der Handel mit virtuellen Gütern und Zusatzinhalten zum Haupttreiber des Umsatzwachstums in der Gaming-Branche geworden (Link). Einem Forschungsbericht des Unternehmens Juniper zufolge, soll 2025 alleine mit dem Verkauf von Lootboxen ein Umsatz von 20 Milliarden US-Dollar generiert werden (Link). Die Diskussion um eine mögliche Strafbarkeit des Anbietens von Lootboxen ist darum von beträchtlicher wirtschaftlicher Relevanz.

Was sind Lootboxen?

Lootboxen (Beutekisten) sind eine Videospielmechanik, mittels derer virtueller Güter angeboten werden. Die genauen Videospielinhalte, die der Spieler erwirbt, sind ihm dabei zunächst unbekannt und werden erst nach dem Kauf enthüllt. Die Beute kann für den Spieler unterschiedlich wertvoll sein, wobei die Wahrscheinlichkeit, einen bestimmten Gegenstand zu erlangen, mit dessen Wertigkeit abnimmt. Ob die Güter für den Spieler ihr Geld wert sind, ist also zu einem gewissen Anteil vom Zufall bestimmt, wobei der Game-Publisher bestimmt, wie oft ein bestimmter Gegenstand im Gesamtbestand vorkommt. Durch die Verknappung besonders begehrter virtueller Güter wird so ein Anreiz für den Erwerb einer großen Anzahl von Lootboxen generiert.

Prominente Beispiele für „Lootboxen“

Bei dem bekannten Online-Shooter Counter-Strike: Global Offensive besteht etwa nur eine Chance von 0,26 Prozent, dass einer der besonders begehrten Gegenstände der gelben Klasse in einer Lootbox enthalten ist. Solche Gegenstände sind für die Community ein begehrtes Statussymbol; so werden besonders seltene Waffen-Designs (sog. Skins) für über 1.500 Euro gehandelt (Link). In anderen Spielen wird dem Spieler dagegen auch die Chance gegeben, bestimmte virtuelle Güter unter großem Zeiteinsatz zu erspielen.

In dem Actionspiel Star Wars: Battlefront 2 konnten die besonders ikonischen Charaktere Luke Skywalker und Darth Vader auch ohne Geldeinsatz erlangt werden, jedoch hätte dies von dem Spieler verlangt, zunächst dutzende Stunden mit dem Spiel zu verbringen (Link). Um direkt das blaue oder rote Laserschwert schwingen zu können, gaben manche Spieler daraufhin mehrere Hundert Euro aus. Diese Praxis wurde von den Fans der Serie empört aufgenommen, weshalb der Publisher des Spiels Electronic Arts (EA) mittlerweile sämtliche Lootboxen aus dem Spiel entfernt hat (Link).

Viele Spiele weisen zudem spezifische Designelemente auf, die für den Spieler Anreize schaffen sollen, sein Geld in Lootboxen oder andere Ingame-Güter zu investieren. Teilweise setzen die Entwickler dabei auf visuelle und akustische Reize, um die Ausschüttung von Adrenalin und Glückshormonen im Körper auszulösen – eine Technik, die man von Glücksspielautomaten kennt. Andere Entwickler nutzen dagegen raffiniertere Motivatoren. So verlangsamen manche Mobile-Games den Spielfortschritt nach der Einstiegsphase, um den Spieler dazu zu motivieren, seinen Fortschritt durch den Kauf virtueller Güter wieder zu beschleunigen und nicht hinter den anderen Spielern zurückzufallen. Ein gängiges Mittel ist zudem die Etablierung einer Ingame-Währung, die zunächst mit echtem Geld erworben werden muss. Die Preise der virtuellen Güter werden daraufhin nur in dieser Ingame-Währung gezeigt, sodass der Preis in der Realwährung nicht ohne Umrechnung erkennbar ist.

Wundertüte Spieler Packs

Im Fokus der Aufmerksamkeit sind gegenwärtig die sog. Spieler Packs in dem erfolgreichen Fußballspiel FIFA 23 von EA, einem der weltweit erfolgreichsten Game-Publisher. Die sog. Spieler Packs sind der zentrale Bestandteil des Spielmodus FIFA Ultimate Team. In diesem Modus stellt der Spieler seine eigene digitale Fußballmannschaft zusammen, mit der er gegen andere Spieler antritt. Die Spieler für seine Mannschaft kann er sich entweder erspielen, was jedoch viel Zeit und Mühe in Anspruch nehmen kann, oder diese als Packs erwerben. Welche Spieler in den Packs enthalten sind, erfährt der Spieler jedoch erst nach dem Erwerb des Packs. Da die besonders begehrten Fußballstars nur sehr selten sind, werden sie auf dem spielinternen Transfermarkt rege gehandelt. Ebenso gibt es einen regelwidrigen externen Handel mit Spielern, gegen den sich EA schon seit geraumer Zeit zu wehren versucht.

Keine klare Linie in der EU

Das österreichische Bezirksgericht in Hermagor hat vor Kurzem in einem vielbeachteten Urteil entschieden, dass diese Spielmechanik illegales Glücksspiel sei. Es hat dem Spieler einen Anspruch auf Rückerstattung von rund 338 Euro zugesprochen, die er für Packs ausgegeben hatte. EA hat das Urteil akzeptiert und es ist mittlerweile rechtskräftig geworden (Link).

Nicht nur das österreichische Bezirksgericht, sondern eine Vielzahl von EU-Mitgliedstaaten erkennen in Lootboxen wie den FIFA-Spieler-Packs illegales Glücksspiel. Die niederländische Aufsichtsbehörde Kansspielautoriteit hat bereits 2018 die Lootboxen in vier nicht näher  benannten Videospielen als illegales Glückspiel qualifiziert (Link) – Belgien ist dem kurz darauf gefolgt und hat die Lootboxen in FIFA 18, Overwatch und Counter Strike: GO als illegal eingestuft (Link). Als erster EU-Mitgliedstaat hat Spanien im Sommer 2022 den Entwurf eines eigenen Rechtsrahmens für Lootboxen veröffentlicht, in dem etwa Minderjährigen der Zugang zu Lootboxen verboten werden soll. Im Falle eines Verstoßes soll ein Bußgeld von bis zu 3 Millionen Euro verhängt werden können (Link). Andere EU-Staaten folgen dagegen einem liberaleren Ansatz und sehen in Lootboxen kein illegales Glücksspiel und planen auch keine eigene Regulierung einzuführen.

Deutsche Behörden eher zurückhaltend

Die deutschen Regulierungsbehörden waren bei dem Thema Lootboxen und Glücksspiel bisher eher zurückhaltend. Der dafür maßgebliche Rechtsrahmen ist der sog. Glücksspielstaatsvertrag 2021, der von sämtlichen Bundesländern ratifiziert worden ist und bundeseinheitliche Regelungen trifft (Link). Das öffentliche Veranstalten von Glücksspiel ist danach verboten, wenn die zuständige Behörde keine Erlaubnis erteilt hat. Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt (vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 GlüStV 2021). Im Herbst 2017 hatten die obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder die Glücksspieleigenschaft von Lootboxen im Rahmen einer Länderabfrage noch verneint (vgl. Landtag Brandenburg Drs. 6/8234, S. 3). Ob diese Entscheidung auch heute noch so ausfallen würde, ist fraglich, zumal sich die Funktionsweise von Lootboxen seit 2017 teilweise deutlich geändert hat – so sind die Mechaniken nicht nur ausgefeilter und komplexer geworden, sondern haben auch eine deutlich größere Präsenz im Gaming-Bereich und werden mittlerweile sogar in der allgemeinen Öffentlichkeit kritisch besprochen, so etwa im erfolgreichen ZDF Magazin Royale von Jan Böhmermann (Link).

Regelungen im Jugendschutz

Im Bereich des Jugendschutzes hat der Gesetzgeber das Thema Lootboxen mittlerweile explizit berücksichtigt. So sind glücksspielähnliche Mechanismen und Kauffunktionen seit Mai 2021 für die Alterseinstufung von Spielen von Relevanz (vgl. § 10b Abs. 3 JuSchG) – der Gesetzgeber wollte durch diese Gesetzesänderung insbesondere Lootboxen erfassen (vgl. BT-Drs. 19/24909, S. 44). Zukünftig sollen derartige Risiken durch Symbole gekennzeichnet werden (vgl. § 14 Abs. 2a JuSchG).

EU-Leitlinien zu Computerspielen

Auch die EU hat das Thema Lootboxen bereits aufgegriffen. In den Leitlinien zur Auslegung und Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt hat die Europäische Kommission Videospielen einen eigenen Abschnitt gewidmet (vgl. dort: 4.2.9 Computerspiele). Die Kommission stellt dort unter anderem klar, dass versteckte Werbung sowie der Einsatz verhaltensbezogener Verzerrungen und manipulativer Elemente als aggressive und damit verbotene Geschäftspraktiken zu werten sind, gerade dann, wenn sie auf die Beeinflussung von Kindern abzielen. Die Einordnung von Lootboxen als Glücksspiel überlässt die Kommission den Mitgliedstaaten, erkennt aber an, dass Spielinhalte bedenklich sind, die über Glücksspielelemente verfügen.

Lootboxen: Strafbares Glücksspiel?

Bei der Legalität von Lootboxen handelt es sich aber nicht nur um eine Frage des Jungendschutzes, sondern auch und gerade um eine mögliche Grundlage strafrechtlicher Haftung. Denn die gewerbsmäßige Veranstaltung eines Glücksspiels ohne die erforderliche behördliche Erlaubnis ist kein Kavaliersdelikt, sondern kann in Deutschland mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden (§ 284 StGB).

Ein Glücksspiel im strafrechtlichen Sinne ist ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust alleine oder hauptsächlich vom Zufall – und nicht von Fähigkeiten oder Kenntnissen der Spieler – abhängen und das zur Teilnahme einen nicht unerheblichen Einsatz von bereits bestehenden Vermögenswerten verlangt. Der strafrechtliche und der verwaltungsrechtliche Glücksspielbegriff sind damit weitgehend deckungsgleich. Diese Definition ist jedoch schwer zu fassen und sorgt für viele Anwendungsbereiche für Unklarheiten und macht filigrane Abgrenzungen erforderlich, bei denen es von den jeweiligen Spielregeln abhängt, ob es sich noch um ein Geschicklichkeits- bzw. Denkspiel oder schon um ein Glücksspiel handelt. Poker soll danach grundsätzlich ein Glücksspiel sein, während dies auf Turnierpoker nicht zutreffen soll – bei der Pokervariante Texas Hold’em ist die Einordnung wiederum umstritten.

Der Streit um die rechtliche Qualifikation von Lootboxen entfacht sich an nahezu sämtlichen Merkmalen des Glücksspielbegriffs. So kann man daran zweifeln, ob das in der Regel nur geringe Entgelt für eine Lootbox als nicht unerheblicher Einsatz gesehen werden kann, zumal die Inhalte der meisten Lootboxen auch kostenlos freigespielt werden können. Außerdem kann man durchaus das Bestehen einer tatsächlichen Gewinnchance verneinen, wenn die zu erlangenden Spieleinhalte keinen objektiven Vermögenswert haben. Dieses Argument verliert aber an Schlagkraft, da das Bestehen eines Markts, auf dem Spieler die gewonnenen Inhalte gegen reales Geld handeln, den Vermögenswert der Spielinhalte belegen.

Entscheidend gegen die Einordnung von Lootboxen als Glücksspiel wird zumeist aber das Fehlen eines tatsächlichen Verlustrisikos angeführt. Im Gegensatz zu den Nutzern von Geldspielautomaten oder dem Spieler bei Black Jack, erhält der Erwerber einer Lootbox nämlich stets neue Videospielinhalte als Gegenwert, selbst wenn diese im Einzelfall nicht dem erhofften Wert entsprechen. So gibt es kein Risiko, dass sich ein FIFA-Spieler-Pack als Niete erweist – zumindest auf den spielinternen Transfermarkt oder im Tauschbereich können die erworbenen Fußballer stets gehandelt und ihr Wert im Spiel genutzt werden.

Dies spricht dafür, dass es sich bei Lootboxen nicht um Glücksspiel handelt, bei dem der Spieler in der Regel leer ausgeht. Stattdessen erinnern Lootboxen eher an Sammelkartenpakete oder Überraschungseier, die ebenso das Risiko mit sich bringen, dass man die dort enthaltenen Karten oder Figuren doppelt hat oder sie einem nicht gefallen – dass es sich dabei nicht um erlaubnispflichtiges Glücksspiel handelt, ist unbestritten.

Bei den Spieler-Packs ist als Besonderheit zu berücksichtigen, dass es durch die Qualitätsbewertung der Karten, die Wahrscheinlichkeitsverteilung und die Einführung von zeitlich begrenzten Aktionen mit speziellen Karten, zu sehr großen Wertunterschieden zwischen den einzelnen Karten kommt, die im Spieldesign angelegt sind. Viele Spieler werden darum manche Karten als praktisch wertlos ansehen, obwohl sie innerhalb des Spiels zumindest einen geringen Nutzen haben.

„It’s a zero-sum game, somebody wins, somebody loses“

Transparenz, Insidertrading und Marktcrash sind Begriffe, die man aus dem Kontext der Kapitalmärkte kennt, in denen die Preise für Wertpapier und andere Investments einem ständigen Wandel unterliegen und maßgeblich von der prognostizierten Marktentwicklung bestimmt werden. Der Gewinner ist am Ende derjenige, der diese Entwicklung richtig vorhersagt und darauf zutreffende Schlüsse zieht.

Schlagzeilen wie „Marktcrash in FIFA 23 – Wann ihr wieder investieren könnt“ (Link) und „EA responds to FUT insider trading allegations“ (Link) entstammen aber nicht den Börsennews, sondern der Berichterstattung über den Transfermarkt in FIFA 23 bzw. seinen Vorgängern. Dies kommt nicht von ungefähr, sondern ist Ergebnis der Eigendynamik des spielinternen Transfermarkts. So unterliegen gerade die Preise, zu denen bestimmte Fußballer gehandelt werden, einem kapitalmarktähnlichen Auf und Ab. Dabei geht es um nicht unerhebliche Werte. Aktuell ist eine Sonderkarte des französischen Spielers Kylian Mbappé Lottin fast 14 Millionen FIFA Coins wert – dies entspricht mehr als 2.000 Euro (Link).

Der Wert der Karten unterliegt einem ständigen Auf und Ab. So hatte eine bestimmte Karte des Fußballers Zlatan Ibrahimovic zeitweise einen Marktwert von etwa vier Millionen FIFA Coins gehabt, was über 650 Euro entspricht. Durch eine nachträgliche Absenkung der spielinternen Werte der Karte durch EA (sog. Nerf), war der reale Marktwert der Karte jedoch zwischenzeitlich um mehr als 35 Prozent eingebrochen. EA hat dies nach einem Aufschrei der Spieler zwar wieder rückgängig gemacht, jedoch blieben Forderungen nach einer Entschädigung für den zwischenzeitlichen Wertverlust unbeantwortet (Link). Aber nicht nur solche expliziten Entwertungen können den Wert von Karten beeinflussen. Der Markt reagiert vor allem sensibel auf die Einführung neuer Karten sowie besondere Aktionen, durch die der Publisher EA aktiv Einfluss auf die Marktentwicklung nehmen kann. Aus diesem Grund verfolgen besonders ambitionierte Spieler etwa die sog. Top of the Week-Predictions, um Marktfluktuationen möglich früh vorhersehen zu können und sich entsprechend auf dem Transfermarkt aufzustellen.

Im Gegensatz zu den Kapitalmärkten, die strengen Regulierungen unterliegen, um Manipulationen zu verhindern sowie Transparenz und Fairness zu schaffen, gelten für den FIFA-Transfermarkt keine spezifischen gesetzlichen Vorschriften. Gleichwohl handelt es sich nicht um einen gesetzlosen Raum. Gerade die strafrechtlichen Regeln gelten auch für die Gestaltung und den Betrieb von Lootboxen.

Betrug und strafbare Datenveränderung

Relevanz kann etwa der Betrugstatbestand (§ 263 StGB) haben, der im Wirtschaftsverkehr ein Mindestmaß an Ehrlichkeit und Transparenz garantiert. Lootboxen müssen danach so gestaltet sein, dass sie insbesondere keinen falschen Eindruck von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Gewinne oder dem Preis der Lootboxen vermitteln, die den Spieler zu schädigenden Ausgaben bewegt. Welches Maß an Transparenz geschaffen werden muss und wo die Grenze zur (möglicherweise stillschweigenden) Täuschung verläuft, kann dabei im Einzelfall sehr schwer zu ziehen sein und hängt von vielen Faktoren ab. Die Lage wird zudem dadurch verkompliziert, dass der Veräußerer der Lootboxen die Wertentwicklung der virtuellen Güter selber beeinflussen kann. Man könnte darum durchaus die Frage stellen, ob EA vor der Änderung der Ibrahimovic-Karte eine Informationspflicht getroffen hat, um keinen falschen Eindruck von der Wertstabilität der Karte zu vermitteln. Das nachträgliche Ändern von erworbenen Fußballer-Karten könnte im Übrigen als strafbare Datenveränderung (§ 303a StGB) gesehen werden, wobei dies die schwierige Frage eröffnet, wem die Karten tatsächlich gehören.

Geldwäsche

Ein weiteres strafrechtliches Thema kann etwa die Geldwäsche-Compliance sein. Der schnelle und einfache Zugang zu spielinternen Marktstrukturen macht sie für Betrüger attraktiv, die dort ihre kriminell erlangten Vermögenswerte waschen können. So hat etwa Valve, der Videospielentwickler und Betreiber der Online-Plattform Steam, den Handel mit Lootboxen des Ego-Shooters Counter-Strike: Global Offensive einschränken müssen, um dem Missbrauch des Marktplatzes durch Kriminelle Einhalt zu gebieten (Link).

Fazit und Ausblick

Unabhängig von der Frage, ob Lootboxen staatlich reguliert werden sollten oder nicht, ergeben sich aus dem deutschen Recht schon jetzt Regeln, die für die Gestaltung und die Verwaltung von Lootboxen in Videospielen Bedeutung haben. Bereits das sog. Kernstrafrecht kann in Extremfällen Bedeutung haben. Darüber hinaus ist es denkbar, dass sich etwa aus dem Urheberrecht, dem Recht gegen unlautere Geschäftspraktiken oder das Glücksspielrecht weitere Anforderungen ergeben, deren Verletzung zu einem Bußgeld oder sogar einer strafrechtlichen Ahndung führen können.

Bisher bestand auf Seiten der Ermittlungs- und Regulierungsbehörden Zurückhaltung auf diesem Gebiet. Trotzdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Aufsichtsbehörden und daran anschließend auch die strafrechtlichen Ermittlungsbehörden, von der aktuellen Diskussion um Lootboxen mitreißen lassen und versuchen werden, gegen Game-Publisher vorzugehen. Das ist gerade dann wahrscheinlich, wenn die Entscheidung des österreichischen Bezirksgerichts auch in Deutschland zu zivilrechtlichen Klagen führen sollte. Die Erfahrung zeigt, dass Aufsichts- und Ermittlungsbehörden kontroverse Themen oftmals dann aufgreifen, wenn sich dafür ein konkreter Anlass ergibt und sie den Zeitgeist auf ihrer Seite haben.

Game-Publishern sollten sich an dieser Front absichern, denn selbst wenn die Rechtslage im Einzelfall eine strafrechtliche Verurteilung (noch) nicht tragen sollte, dürfen die negativen Implikationen staatsanwaltlicher oder regulatorischer Ermittlungen nicht unterschätzt werden. Die Einzelheiten einer Lootbox-Compliance wird dabei stets von den Besonderheiten des jeweiligen Spiels abhängen. Die Grundpfeiler einer gesetzeskonformen Lootbox-Mechanik sollten aber immer ihre Transparenz, Werthaltigkeit und Fairness sein. Das Spiel sollte zudem keine Designelemente aufweisen, die als manipulative Beeinflussung des Spielers angesehen werden können und das Entwickeln einer Spielsucht fördern könnten. Und Maßnahmen der Betrugs- und Geldwäscheprävention sollten ergriffen werden, wozu auch die Beobachtung des Marktes und die Abwehr von Fehlentwicklungen gehört. Schließlich sollte kein Publisher den Jugendschutz vernachlässigen.

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