FAQ: Interne Untersuchungen – Was Arbeitgeber beachten müssen (Teil 1)

Besteht der Verdacht, dass ein Mitarbeiter eines Unternehmens in Wahrnehmung seiner Aufgaben rechtswidrig gehandelt hat, stellt sich die Frage: Was nun? Durch eine „Internal Investigation“ (interne Untersuchung) sollen Rechtsverstöße unternehmensseitig aufgeklärt werden. Oft gestellte Fragen hierzu, wann, von wem und wie interne Untersuchungen durchgeführt werden, beleuchtet der erste Teil unserer kurzen Beitragsreihe „FAQ: Interne Untersuchungen“.

Was sind interne Untersuchungen?

Bei internen Untersuchungen handelt es sich um Maßnahmen zur Aufklärung von Sachverhalten, die im Zusammenhang mit unternehmensbezogenen Rechtsverstößen und Pflichtverletzungen stehen. Dabei handelt es sich um Straftaten und Ordnungswidrigkeiten von Führungskräften oder Mitarbeitern des Unternehmens, aber auch um zivilrechtliche Verfehlungen und Compliance-Verstöße innerhalb der Unternehmenssphäre.

Wer führt eine interne Untersuchung durch?

Eine interne Untersuchung kann durch das Unternehmen selbst durchgeführt werden oder mit externen Beratern wie Rechtsanwälten, Unternehmensberatern oder Wirtschaftsprüfern. Letzteres kommt bei Fällen mit hoher Komplexität in Betracht, in denen Verstöße der eigenen Geschäftsleitung oder generell die Begehung einer Straftat in Frage steht. Hierbei ist es sinnvoll, Schnittstellen zwischen dem externen Team und unternehmenseigenen Mitarbeitern, wie dem Compliance-Manager, der IT-Abteilung, dem Personal-Verantwortlichen und dem betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu schaffen.

Bei einfach gelagerten Fällen wird die interne Untersuchung – gerade bei größeren, international tätigen Konzernen – oftmals von der Compliance-Abteilung oder der internen Revision durchgeführt. Hierbei sollte der notwendige Abstand zu den verdächtigen Personen und potentiellen Beteiligten gewahrt sein, um die Objektivität und Glaubwürdigkeit der internen Untersuchung zu gewährleisten.

Wann ist eine interne Untersuchung durchzuführen?

Nicht bei Eingang jeden Hinweises auf eine Verfehlung muss eine interne Untersuchung eingeleitet werden. Sind die Verdachtsmomente nicht schlüssig, beruhen sie lediglich auf Gerüchten oder können sie mit einfachen Mitteln ausgeräumt werden, ist keine interne Untersuchung geboten.

Wenn sich die ersten Verdachtsmomente dagegen durch konkrete Tatsachen belegen lassen und ein Rechts- oder Pflichtenverstoß nicht mehr auszuschließen ist, muss die Unternehmensleitung dem nachgehen. Erhärten sich die Anhaltspunkte kann eine interne Untersuchung rechtlich sogar geboten sein. Die Aufklärungspflicht leitet sich aus den organschaftlichen Sorgfaltspflichten, namentlich der Legalitätspflicht der Organe ab.

Wie läuft eine interne Untersuchung ab?

Es gibt keinen einheitlichen Standard für das Vorgehen im Rahmen einer internen Untersuchung. Die folgenden Schritte stellen daher lediglich einen Leitfaden für den groben Ablauf einer internen Untersuchung dar:

  • Schritt 1: Prüfung, ob der „Anfangsverdacht“ eines unternehmensinternen Fehlverhaltens vorliegt und die vorgetragenen Tatsachen plausibel sind
  • Schritt 2: Ausformulieren eines Untersuchungsauftrags
  • Schritt 3: Sicherung potentieller Beweismittel, Aufstellen eines Untersuchungsplans und Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit geplanter Untersuchungshandlungen
  • Schritt 4: Durchführung der Untersuchung, z.B. E-Mail-Screenings, Mitarbeiterinterviews, Document Review, Vor-Ort-Besichtigungen, etc.
  • Schritt 5: Ergebnissicherung in Form eines Abschlussberichts
  • Schritt 6: Information der Unternehmensleitung über die Untersuchungsergebnisse und Vorschläge für erforderliche Maßnahmen
  • Schritt 7: Analyse der Untersuchungsergebnisse und Durchsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen, ggf. Anpassung der Compliance-Strukturen

Die regierende Ampel-Koalition beabsichtigt laut Koalitionsvertrag, die Vorschriften der Unternehmenssanktionen zu überarbeiten und hierbei für interne Untersuchungen einen „präzisen Rechtsrahmen“ zu schaffen. Ob überhaupt und wie dieses Vorhaben tatsächlich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

Welche Aufklärungsmittel stehen bei einer internen Untersuchung zur Verfügung?

Grundsätzlich ist das Unternehmen in der Wahl der Untersuchungsmaßnahmen frei. Gleichwohl ist ein strukturiertes und koordiniertes Vorgehen unumgänglich, um den Erfolg der Untersuchung nicht zu gefährden.

Zunächst sollten zügig Maßnahmen zur umfassenden Sicherung der untersuchungsrelevanten Unterlagen umgesetzt werden, um zu vermeiden, dass wichtige Informationen unwiederbringlich verloren gehen.

Aufklärungsmaßnahmen umfassen häufig die Auswertung von Dokumenten sowie die Sammlung, Sichtung und Aufbereitung von Daten und E-Mails aus dem unternehmensbezogenen Umfeld.

Ein weiteres wesentliches Aufklärungsinstrument ist die Befragung der Mitarbeiter zu dem fraglichen Sachverhalt. Hierbei sollten bereits in der Vorbereitung individual- und kollektivarbeitsrechtliche Fragen geklärt und die zu befragenden Personen sorgfältig ausgewählt werden. Zusätzlich können Hintergrundrecherchen, Vor-Ort-Begehungen etc. durchgeführt werden.

Ist der Betriebsrat über die Durchführung der internen Untersuchung zu informieren?

Der Arbeitgeber muss bei internen Untersuchungen die betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachten und diesem rechtzeitig und umfassend Informationen über die interne Untersuchung zur Verfügung stellen. Der Betriebsrat ist zudem bei einzelnen Untersuchungshandlungen einzubeziehen und kann Einfluss auf die Art und Ausgestaltung der Untersuchung nehmen.

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Teil 2: FAQ: Interne Untersuchungen – Was Arbeitgeber beachten müssen (Teil 2)

Teil 3: FAQ: Interne Untersuchungen – Was Arbeitgeber beachten müssen (Teil 3)

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