Oh wie schön ist Panama – oder warum Papier tatsächlich geduldig ist

Die Veröffentlichung der Panama Papers war der journalistische Coup des Jahres 2016: Sage und schreibe 2,6 Terabyte Daten des panamesischen Rechtsdienstleisters Mossack Fonseca gelangten an die Öffentlichkeit und damit tausende Namen vermeintlicher Steuersünder in aller Welt. Mehr als fünf Jahre sind seither vergangen. Doch auch jene, deren Geschäfte mit Mossack Fonseca bislang nicht aufgedeckt wurden, sollten sich nicht zu sehr in Sicherheit wiegen. Die Strafverfolgung im Kontext der Panama Papiere hat nicht aufgehört. Sie könnte sogar bald noch einmal richtig Fahrt aufnehmen.

Panama Papers entlarven zig Briefkastenfirmen und Trusts

Am 3. April 2016 präsentierten 109 Zeitungen, Fernsehstationen und Online-Medien in 76 Ländern gleichzeitig die ersten Ergebnisse aus der Auswertung der sogenannten Panama Papers. Das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) hatte ein Jahr lang Daten von Mossack Fonseca auswertet und weitere Recherchen durchgeführt. Dadurch wurden ca. 11,5 Millionen E-Mails, Briefe, Faxnachrichten, Gründungsurkunden, Kreditverträge, Rechnungen und Bankauszüge als PDF-, Text- sowie Bilddateien aus den Jahren 1977 bis 2016 offengelegt, nicht zuletzt den nationalen Steuerbehörden.

Wenig später wurde eine Datenbank mit den Ergebnissen und Auswertungen öffentlich zugänglich gemacht. Sie enthielt Namen und Adressen von über 300.000 mit Hilfe von Mossack Fonseca gegründeten Briefkastenfirmen und Trusts sowie deren Vermittlern. Auch die Anteilseigner und wirtschaftlichen Eigentümer waren benannt. Die Original-Dokumente selbst wurden dagegen nicht veröffentlicht.

Mossack Fonseca brach unter dem Druck der Ermittlungsverfahren zusammen und beendete ihr Geschäft 2018. Mossak und Fonseca kamen zwischenzeitlich in Untersuchungshaft und gegen hohe Kautionen wieder auf freien Fuß. Im Oktober 2020 wurden deutsche Haftbefehle durch das Amtsgericht Köln gegen die beiden Kanzleigründer erlassen und international ausgeschrieben.

Prominente aus aller Welt im Visier der Steuerfahnder

In den Panama Papers finden sich die Namen zahlreicher Prominenter aus aller Welt, etwa die von 143 Politikern, darunter frühere und noch amtierende Staats- und Regierungschefs. Auch Verwandte und Vertraute hochrangiger Politiker sowie etliche, in ihrem Finanzgebaren zu Transparenz verpflichtete Sportfunktionäre sind von der Veröffentlichung der Daten betroffen.

Daneben enthalten die Daten die Namen von Drogenschmugglern, Terroristen sowie von Firmen, die auf Sanktionslisten stehen. So sollen arabische Ölunternehmen über Offshore-Firmen Kerosin an die syrische Regierung unter Baschar al-Assad verkauft haben, die wegen des Bürgerkriegs in Syrien Ziel internationaler Sanktionen ist.

Die von Mossack Fonseca angebotenen Dienste erfreuten sich hoher Beliebtheit. Nach einer ICIJ-Analyse haben über 500 Banken sowie deren Tochtergesellschaften und Niederlassungen rund 15.600 Briefkastenfirmen über Mossack Fonseca registriert, die britische HSBC und die mit ihr verbundenen Unternehmen allein 2.300.

Auch deutsche Ermittler werden aktiv

Seit Bekanntwerden der Panama Papers sind auch die deutschen Ermittlungsbehörden nicht untätig geblieben. Besonders schnell waren sie allerdings auch nicht. Mittlerweile gibt es eine gemeinsame Ermittlungsgruppe des Bundeskriminalamts und der hessischen Finanzverwaltung (EG OLET). Sie ist gebildet worden speziell für die Aufbereitung der Kenntnisse um Mossack Fonseca und die Vorbereitung der Verfolgung der in Deutschland ansässigen oder steuerbaren Personen und Einheiten. Nunmehr sollen „Länderpakete“ geschnürt werden und in die jeweiligen Bundesländer zur Verteilung gelangen. Dazu werden u.a. die Daten der wirtschaftlich berechtigten Personen an einer Auffanggesellschaft zusammengestellt.

Strafrechtlich sind trotz der vergangenen fünf Jahre noch durchaus verfolgbare Taten denkbar, fiskalische Rückverfolgung ohnehin. Speziell die auf 15 Jahre erweiterte Verjährung des § 376 Abs. 1 AO wird hier gewandt werden. Die Vorschrift verweist auf § 370 Abs. 2 AO mit einer Aufzählung von sechs besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung. Mit Blick auf die Panama Papers dürfte insbesondere einschlägig sein, wenn der Täter

  • Nr. 1 : „in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt“ und
  • Nr. 6 : „eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt“.

Es ist davon auszugehen, dass die Länderpakete mit weiteren Daten des Fiskus verglichen werden, bevor dann die zuständigen Finanzämter und insbesondere die Steuerfahndungsstellen damit versorgt werden.

Zahlreiche neue Steuerstrafverfahren zu erwarten

Wer Kontakte zu Mossack Fonseca hatte und deren Dienste zur „Vermögensverwaltung“ in Anspruch genommen hat, kann sich auch nach fünf Jahren nicht in Sicherheit wiegen. Es steht nämlich zu erwarten, dass eine Vielzahl neuer Steuerstrafverfahren eingeleitet werden wird.

Ob es möglich ist, noch eine Selbstanzeige nach § 371 AO anzubringen und sich damit die Strafbarkeit zu ersparen, ist höchst zweifelhaft. Dies hängt sehr davon ab, wie weit die Steuerfahndung bereits Fährte aufgenommen hat. Oder um es mit dem Wortlaut des § 371 AO auszudrücken: Wenn „eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste“.

In Anbetracht der Presseöffentlichkeit, welche die Panama Paper erlangt haben, wird es sehr schwierig sein, mit Unkenntnis zu argumentieren. Zudem ist hier die Rechtsprechung extrem restriktiv. Zu den „Steuer CD“ hat das AG Kiel (Urteil vom 27.11.2014 – 48 Ls 1/14, 48 Ls 545 Js 46477/13 (1/14)) die reine Kenntnis von den CDs in den Händen der Steuerverwaltung als Entdeckung gewertet.

Wer von den Panama Papers betroffen ist, sollte deshalb unter fachmännischer Beratung durchaus überlegen, ob eine unsichere Selbstanzeige nicht einer ziemlich sicheren Durchsuchung im begründeten Verdachtsfall der Steuerfahnder vorzuziehen ist.

 

Hintergrund zu den Panama Papers lesen Sie hier: https://panamapapers.sueddeutsche.de

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