Neue Stolperfalle für Unternehmenslenker

Das Christkind war ein wenig früh unterwegs. Zum 22. Dezember 2020 hat es uns das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechtes mit der einprägsamen Abkürzung SanInsFoG beschert. Man sollte meinen, dass die Fortentwicklung unseres Sanierungs- und Insolvenzrechtes von der früheren nahezu automatischen Zerschlagung von Unternehmen in Richtung einer Werte und Arbeitsplätze erhaltenden Behandlung von Krisen den Strafrechtler nicht interessiert. Leider gefehlt, das neue Gesetz führt uns in die Mitte des Strafgesetzbuches zum § 266 StGB, der Untreue.

Für diese Vorschrift, gleich ob Missbrauchs- oder Treubruchtatbestand (eine Unterscheidung, die die Dogmatik erfreute, in der Praxis allerdings weniger eine Rolle spielt), ist ein zentrales Moment die so genannte Pflichtenstellung. Auf Unternehmen bezogen: Wer Leitungsverantwortung übernimmt, hat grundsätzlich die Pflicht, das Vermögen der Einheiten nicht zu schädigen, eine Vermögensbetreuungspflicht. Das ergibt sich in den meisten Fällen aus vertraglichen Situationen oder auch aus dem Gesetz.

Und es kommt nicht darauf an, anders als beim Betrug, dass der Täter einen persönlichen finanziellen Vorteil hat. Es ist also sehr wichtig, zu wissen, wo die Vermögensbetreuungspflicht beginnt, welche Handlungen oder Unterlassungen von einem Unternehmensführer verlangt werden, um allen Pflichten Genüge zu tun. Das SanInsFoG ergänzt nunmehr die Palette der Pflichtenstellungen in § 1 des Gesetzes. Danach sind Mitglieder eines zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person, zusammengefasst unter dem Begriff Geschäftsleiter, Überwachungsgaranten bezüglich aller Entwicklungen, die den Bestand des Unternehmens gefährden können. Sie haben die in dieser Vorschrift speziell normierte Pflicht, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und ihre Überwachungsorgane zu informieren. Wenn nun die Gegenmaßnahmen nicht erfolgen oder vielleicht auch nicht die richtigen Gegenmaßnahmen erfolgen, hätten wir eine Pflichtverletzung. Und wenn sich dann daraus ein Schaden entwickelt, ist die strafbare Verwirklichung des Tatbestandes der Untreue zu mindestens ganz nahe.

Nicht erst die verspätete Insolvenzanmeldung wird nach § 15a Abs. 4 InsO bestraft, sondern Verhaltensweisen weit im Vorfeld einer Insolvenz können in die Strafbarkeit führen. Der Zeitpunkt potentieller Strafbarkeit nach dem SanInsFoG liegt auch weit vor der im 24. Abschnitt des Strafgesetzbuches, § 283 ff. StGB, behandelten strafrechtlichen Risikozone der Insolvenzstraftaten.

Mithin: Der Unternehmer, der potentiell auf eine Krise zusteuert, tut gut daran, seine Bemühungen um Rettungsmaßnahmen und seine Informationen an Überwachungsorgane nicht nur durchzuführen, sondern auch zu dokumentieren.

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