Möglichkeiten der Einflussnahme von Unternehmen auf das Strafverfahren

Unternehmen sind im Falle von Straftaten in der Praxis häufig auf die Unterstützung der Staatsanwaltschaft angewiesen. Das betrifft vor allem Fälle, in denen Unternehmen selbst von Straftaten betroffen sind, insbesondere wenn die eigenen Mittel zur Sachverhaltsaufklärung nicht genügen. Die Einschaltung der Staatsanwaltschaft mit dem Mittel der Strafanzeige stellt die meisten Rechtsabteilungen noch kaum vor Probleme. Dann allerdings endet häufig die Aktivität des Unternehmens und nicht selten erfährt die Rechtsabteilung das Ergebnis erst dann, wenn das Strafverfahren abgeschlossen ist. Um Überraschungen und nachteilige Entscheidungen zu vermeiden, sollte das Unternehmen das Strafverfahren daher nach einer Strafanzeige aktiv begleiten – das gilt auch, wenn die Staatsanwaltschaft bereits Anklage erhoben hat.

Dieser Beitrag beleuchtet, welche prozessualen Möglichkeiten die StPO nach Erhebung der Anklage vorsieht. 

Erste Option: Zulassung als Nebenkläger (§ 395 I, II StPO)

Es gibt die Möglichkeit, als Nebenkläger am Strafverfahren mitzuwirken (gemäß § 359 I, II StPO). Vorteil der Nebenklage ist, dass das Unternehmen ein Recht auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung hat. Es muss zum Termin geladen werden. Der Nebenkläger hat aber nicht nur das Recht in der Hauptverhandlung anwesend zu sein, sondern kann sie auch mitgestalten: Zum Beispiel ist die Nebenklägerin befugt, einen Richter unter den Voraussetzungen der §§ 24, 31 StPO abzulehnen. Das entspricht den Rechten der Staatsanwaltschaft, des Privatklägers und des Beschuldigten. Außerdem gewährt die StPO dem Nebenkläger das Fragerecht. Das gilt für Fragen an den Angeklagten, Zeugen und Sachverständige. Ebenso steht ihm das Beweisantragsrecht zu. Gerade das ist ein bedeutsames Recht für jeden Nebenkläger. So kann er tatsächlich Einfluss auf das Verfahren nehmen und die eigenen Interessen einbringen.

Weiterhin besitzt der Nebenkläger das Recht zur Abgabe von Erklärungen. Der Nebenkläger kann sich nach jeder einzelnen Beweiserhebung erklären, oft mit dem Ziel die Überzeugungsbildung des Gerichts zu beeinflussen. Dem Nebenkläger wird in § 397 Abs. 2 StPO zudem das Recht eingeräumt, sich einen Rechtsanwalt als Beistand zu nehmen. Dies ist bereits vor Erhebung der öffentlichen Klage, also der Anklage, möglich. Daneben besteht das Recht auf einen Dolmetscher und Übersetzungen, falls der Nebenkläger der deutschen Sprache nicht mächtig ist.

Zweite Option: Antrag auf Zulassung als Nebenkläger (§ 395 III StPO)

Ein Nachteil der Nebenklage ist, dass diese Möglichkeit grundsätzlich nur für bestimmte Delikte besteht. Das sind vor allem Straftaten mit Bezug zu Leib, Leben und Freiheit. In der Praxis sind Unternehmen indes oftmals Geschädigte von vermögensrechtlichen Delikten, die bis auf wenige Ausnahmen (z.B. § 142 des Patentgesetzes, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 23 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen) nicht zum Katalog der Nebenklage gehören.

§ 395 Abs. 3 StPO sieht aber die Möglichkeit vor, einen Antrag auf Zulassung als Nebenkläger zu stellen. Das ist eine Art Auffangtatbestand und bedeutet, dass eine Nebenklage in gewissen Fällen trotzdem möglich ist, obwohl keine der Katalogtaten aus § 395 Abs. 1 StPO vorliegt. Voraussetzung ist, dass die Nebenklage aus Interessen des Opfers geboten scheint. Im Bereich der Eigentums- und Vermögensdelikte lässt sich das annehmen, wenn große finanzielle Verluste erlitten wurden. Von mehreren Seiten wird allerdings angenommen, dass allein das wirtschaftliche Interesse des Verletzten, etwaige zivilrechtliche Ansprüche gegen den Angeklagten effektiv durchzusetzen, nicht ausreicht. Hinzukommen muss die Situation der besonderen Schutzbedürftigkeit des Nebenklägers. Das besondere Schutzbedürfnis kann ausnahmsweise aus den besonderen Umständen des Sachverhalts entstehen, z.B. wenn gravierende Beweisnot besteht und Rechtshilfe wegen des Auslandbezugs nur von den Justizbehörden herbeigeführt werden kann.

Bei Delikten mit Vermögensbezug sollte das Unternehmen immer prüfen, ob dieser Antrag gestellt wird.

Dritte Option: Antrag als Adhäsionskläger (§§ 403ff. StPO)

Als letzte Option bleibt die Antragstellung nach §§ 403 ff. StPO. Durch das dort geregelte Adhäsionsverfahren besteht die Möglichkeit, für den Verletzten zivilrechtliche Ansprüche gegen den Straftäter, die er normalerweise vor dem Zivilgericht verfolgen müsste, im Strafverfahren geltend zu machen.

Allerdings können lediglich vermögensrechtliche Ansprüche im Wege des Adhäsionsverfahrens  geltend gemacht werden. Dementsprechend geht es meist um Forderungen, die auf Zahlung von Geld oder auf eine geldwerte Leistung gerichtet sind. Zumeist geht es um Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Um einen zivilrechtlichen Anspruch im Rahmen eines Strafverfahrens geltend zu machen, muss er aus der Straftat erwachsen. Das bedeutet, dass die (abgeurteilte) Straftat zugleich den zivilrechtlichen Anspruchstatbestand verwirklicht. Die wohl häufigste Verknüpfung des Zivilrechts mit dem Strafrecht ist § 823 Abs. 2 BGB. Schließt ein Unternehmen beispielsweise einen Vertrag ab, bei dem die Gegenleistung nicht erbracht wurde und der Vertragspartner täuschte über die eigene Leistungsfähigkeit und den Willen, den Vertrag zu erfüllen, kommt ein zivilrechtlicher Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB in Betracht. Er kann dann ggf. im Wege des Adhäsionsverfahrens innerhalb des Strafverfahrens wegen Betrugs gegen den Angeklagten verfolgt werden.

Ebenso wie der Nebenkläger wird der Adhäsionskläger über Ort und Zeit des Hauptverfahrens informiert, damit er sein Teilnahmerecht effektiv ausüben kann (§ 404 Abs. 3 StPO). Dieses Teilnahmerecht umfasst die Möglichkeit, sich von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen oder in seinem Beisein an der Hauptverhandlung teilzunehmen. Anwaltszwang besteht im Adhäsionsverfahren nicht.

Nach Maßgabe des § 406e Abs. 1 bis 4 StPO kann der Antragsteller durch einen Rechtsanwalt sein Akteneinsichtsrecht als Verletzter geltend machen. Das erforderliche berechtigte Interesse ergibt sich aus dem Interesse an der Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche. Das Anwesenheitsrecht besteht auch in diesem Fall bereits vor einer potenziellen Zeugenaussage, um das rechtliche Gehör des Adhäsionsklägers zu gewährleisten.

Zudem schließt das Teilnahmerecht ein Frage- und Beanstandungsrecht (§§ 243, 238 Abs. 2 StPO), ein Erklärungsrecht (§ 257 StPO), das Beweisantragsrecht und das Recht zum Schlussvortrag ein. Weiterhin hat auch der Adhäsionskläger das Recht, einen Richter oder Sachverständigen abzulehnen.

Fazit

Das Unternehmen hat nach Anklageerhebung einige Möglichkeiten auf das Strafverfahren einzuwirken. Spätestens wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, sind die Möglichkeiten einer Beteiligung im Hauptverfahren daher zu prüfen.

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